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„Der Glaube ist keine Privatsache“

Karlsfest 2023: Jean-Claude Kardinal Hollerich spricht sich in seiner Predigt für ein aktives und öffentliches Bekenntnis zum Glauben aus

Bischof Dr. Helmut Dieser, Jean-Claude Kardinal Hollerich SJ und Dompropst Rolf-Peter Cremer (v. l.)

Im vollbesetzten Aachener Dom wurde beim diesjährigen Karlsfest wieder an alte Zeiten angeknüpft: Nach zwei Jahren mit pandemiebedingt reduziertem Programm freuten sich die Besucherinnen und Besucher am Sonntag über die volle Chorstärke, eine stattliche Abordnung der Karlsschützen-Gilde vor 1198 Aachen e.V. sowie das ungekürzte Wiederaufleben alter liturgischer Traditionen und Musik.
Auch der Ehrengast des Tages, Jean-Claude Kardinal Hollerich SJ, Erzbischof von Luxemburg und Vizepräsident des Europäischen Bischofsrats, begann in seiner Predigt bei den alten Zeiten, in dem er anlässlich des Todestags Karls des Großen dessen privates und öffentliches Bekenntnis zum Glauben in den Vordergrund stellte. Ungeachtet aller Sündhaftigkeit, zu der Hollerich etwa die Verbreitung des Glaubens mit dem Schwert zählte, habe der „Vater Europas“ das „Licht des Evangeliums“ in sein Leben gelassen und die Größe und Güte Gottes erkannt. Für Karl fand sie nicht zuletzt in Kunst und Schönheit ihren Ausdruck. Als Wegbereiter der karolingischen Renaissance habe er sich offen für Neues gezeigt, sei dialogfähig und bereit gewesen, in den Austausch zu treten.

„Der Glaube geht über eigene und nationale Interessen hinaus!“

Übertragen auf das Hier und Jetzt stellte Hollerich die Frage, was es für den Einzelnen bedeute, Bekenner zu sein. Im Wissen um seine eigene Sündhaftigkeit, aber auch im Wissen darum, von Gott angenommen und geliebt zu werden, gehe es darum, mit Demut und ohne erhobenen Zeigefinger seinen Glauben in der Welt durch Handeln und nicht nur durch Worte zu bekennen. „Der Glaube ist keine Privatsache, sondern muss leuchten und ausstrahlen in die Welt hinein, um sie zu verändern und besser zu machen“, sagte der luxemburgische Kardinal und Erzbischof. Er bedauerte, dass Europa in der Flüchtlingskrise oft ein „kaltes Herz“ zeige. „Wenn wir den Glauben bekennen wollen, bedarf es aber eines großen und weiten Herzens. Als Christen treten wir immer für das Allgemeingut ein. Der Glaube ist größer als eigenes Interesse, größer als nationales und europäisches Interesse. Er geht über alle Interessen hinaus!“
Karl der Große, so mutmaßte der Kardinal, hätte sich über die Europäische Union gefreut: In diesem politischen Konstrukt arbeiteten ehemalige Feinde zusammen und versuchten Menschen über nationale Grenzen und Parteigrenzen hinweg, Feindseligkeiten zu überwinden und Lösungen oder zumindest Kompromisse zu finden. Über die Kirche hinaus könnten Christen in Europa eine große Ausstrahlung entfalten, in dem sie Gott dienten, den Glauben lebten und der Politik ein menschliches Antlitz verliehen. „Wir haben die Botschaft des Evangeliums, die für Europa wichtig ist, und können es wagen, das Evangelium auch politisch und sozial zu leben.“