Einen der beiden zweiten Preise gab die Jury an die Künsterin Heinke Haberland aus Düsseldorf. Ihre Installation ist vom 19. bis zum 27. Juni im Dom zu sehen. Anlass für die Präsentation ist der 75. Geburtstag von Dompropst Manfred von Holtum am 20. Juni. Er hatte sich gewünscht, dass das Gnadenbild dieses spezielle Kleid zu seinem Geburtstag und seinem Abschied aus dem Amt als Dompropst trägt. Die Künstlerin selbst hat am Mittwoch vor Fronleichnam die Marienfigur umgekleidet.
Haberlands Entwurf umkleidet die Muttergottes und das Kind lose mit einer Rettungsdecke. Ihr schlichtes, geschnitztes Gewand darunter bleibt sichtbar. Die Anmutung der raumgreifenden Draperie der Decke
„soll sich im sublim Unbestimmten bewegen – zwischen achtlos übergeworfenem Provisorium und einem fein nuancierten, gotischen Faltenwurf.“ (aus der Entwurfserläuterung der Künstlerin).
Das Kind wird mit eingehüllt, bleibt aber nackt.
Sofort scheinen Parallelen zu Gewändern spätgotischer geschnitzter, bemalter und vergoldeter Figuren auf, besonders das Motiv der Schutzmantelmaria ist hierin verarbeitet. Gleichzeitig drängen aktuelle Bilder aus dem Fernsehen, dem Netz und den Printmedien von Not, Verzweiflung, Trauer, Hilfe, Barmherzigkeit, Flucht und Rettung dazwischen.
Durch die Installation kehrt sich die Verehrung der Muttergottes um. Die Gläubigen können in ihr eine Gestalt erkennen, zu der nicht aufgeschaut wird, sondern die sich in die Reihe der Notleidenden einfügt und selbst Hilfe und Mitgefühl braucht:
„Sie ist in der Auffassung dieses Entwurfs nicht nur die schutzgebende Gnadenmadonna, sondern zugleich auch selbst eine Schutzbedürftige und Verletzte. So ist die goldene Hülle ambivalent zu verstehen: sowohl ein Schutzmantel, der die Bedrängten birgt, als auch: Sie ist eine von ihnen. Die Mutter Gottes stellt sich in diesem Entwurf auf die Seite der Ärmsten und Verzweifelten. Sie ist auch nicht allein auf dem Bildnis, sie birgt in ihrem Gewand – und damit auch in sich – ihr Kind. Und auch wenn er hier noch Kind ist, enthüllt sich in diesem Kleid auch die spätere Botschaft des Sohnes: Was Ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habe, das habt Ihr mir getan (…).
In den staunenswerten Kosmos des Weltkulturerbes trägt dieses Kleid eine andere, verstörende Seite der Welt hinein. Inmitten des prunkvollen Aachener Doms, voller Schätze, goldener Schreine und glänzender Mosaiken ist ihr neues Kleid aus einem ganz speziellen Gold, dem Gold der Armut und der Not.“
Danach wird es einen Wechsel geben zwischen traditioneller Bekleidung mit historischen Gewändern und Schmuck und neuen Kleidern, die im Rahmen des Wettbewerbs entstanden sind.
Heinke Haberland
1966 geboren in Kiel
1985 1990 Studium der Bildenden Kunst an der Muthesiushochschule Kiel
1989 Stipendium des DAAD/Erasmus an der Norwich School of Art, Großbritannien
1990-1996 Studium der Bildenden Kunst/Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf
1995 Meisterschülerin
Seit 1988 zahlreiche Ausstellungen und Kunst-am-Bau Projekte im In- und Ausland.
Lebt und arbeitet in Düsseldorf als Freie Künstlerin, Art Direktorin und Antiquitätenhändlerin.
Foto: Domkapitel Aachen, Andreas Steindl
Foto: Domkapitel Aachen, Andreas Steindl
Foto: Domkapitel Aachen, Andreas Steindl